FORUM - INTERVIEW - BWM Architekten und Partner, Wien/AT


Erich Bernard, Daniela Walten, Johann Moser,
 Markus Kaplan © Larry R. Williams

Cross-Over
Shops, Hotels, Messestände, temporäre und permanente Ausstellungen Geschäfts- und Wohnbauten – das Portfolio von BWM Architekten und Partner ist sehr umfangreich und vielfältig. Die große Bandbreite ihrer Projekte spiegelt die Arbeitsphilosophie und Begeisterungsfähigkeit dieses jungen und dynamischen Büros sehr gut wieder. Ein Gespräch über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Bauaufgaben.

Michael Koller im Gespräch mit Erich Bernard, Daniela Walten und Markus Kaplan

Es fällt auf, dass ihr besonders viele Innenraumgestaltungen gemacht habt. Wie kommt das?
Erich Bernard: Unserer Meinung nach entwickelt sich Architektur sehr stark von Innen heraus. Man kann das ganz gut mit Hemd und Anzug vergleichen. Das Hemd muß zum Anzug passen und umgekehrt. Es ist für uns ganz wichtig, dass das Äussere mit dem Inneren zu tun hat und nicht nur Hülle ist. Im Laufe der Zeit haben wir speziell für öffentliche Interiors, wie Shops und Ausstellungen eine Leidenschaft entwickelt, weil diese sehr stark in den Stadtraum hineinwirken.

Daniela Walten: Unser Portfolio  hat sich in letzter Zeit stärker in Richtung Hochbau und Wohnbau entwickelt, was sich noch nicht so abbildet, weil diese Projekte in Entwicklung sind. Der Vorteil von Interior ist natürlich, dass man schnell ein Ergebnis hat, das man herzeigen kann. Interior ist die Zelle aus der wir kommen und nach wie vor eine grosse Herzensangelegenheit.

Geht ihr gerne einkaufen?
Markus Kaplan: Das kommt auf die Situation und den Tag an. Manchmal betreibe ich Powershopping und dann habe ich wieder überhaupt keine Lust – entweder das eine oder das andere. Wenn die Shops gut sind, das heißt, wenn nicht nur das Design gut ist, sondern auch das Service und die ausgewählte Produkte, dann kann es auch schmerzhaft teuer werden.....
EB: Ich bin ein begeisterter Shopper!

Wie entstehen eure Ideen, woher kommen eure Einflüsse?
DW: Die Einflüsse sind vielfältigst. Entscheidend ist für uns vor allem das Gespräch mit dem Benutzer. Wenn der Bauherr selbst schon  inspiriert ist und eine gewisse Vorstellung oder Vision hat, dann führt das meist zu einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit. Nachdem wir nun schon etliche Erfahrung sammeln konnten, bestätigt sich immer wieder: Architektur kann nur so mutig sein, so mutig der Bauherr ist.
MK: Der unmittelbare Kontakt zum Bauherrn ist uns sehr wichtig. Im Dialog mit ihm und durch dessen persönlichen Charakter entwickeln wir ein Gefühl für das Thema. Aus dem Verständnis für die Bauaufgabe, den geforderten Funktionen und den entscheidenden Fragestellungen entwickeln wir dann ein spezifisches Designprodukt oder Projekt.
EB: Neben dem Bauherrn sind der Ort, also wo etwas entwickelt werden soll, und der Kunde entscheidend. Aus diesen drei Komponenten versuchen wir eine Synthese zu machen, die natürlich von  Erfahrungen aus vielerei Richtungen, wie zum Beispiel der Kunst, geprägt ist.

Wie organisiert ihr euch bürointern? Hat jeder sein Spezialgebiet?
DW: Jeder von uns vier hat ein Fachgebiet, das ihm besonders am Herzen liegt. Das erklärt sich sicherlich durch die Unterschiede unserer Interessen, unserer Werdegänge und Ausbildungen, unseren persönlichen Stärken und Begeisterungen. So ist beispielsweise Erichs Leidenschaft für Architekturgeschichte und für wissenschaftliche Studien oft bei schwierigen Projekten im historischen Bestand von großem Nutzen, oder Johann, der bei Gironcoli Bildhauerei studiert hat, hat eine quasi natürliche Nähe zu unseren Museums- und Ausstellungsprojekten. Markus hat seinen Schwerpunkt im klassischen Hochbau und ich kann mich mittlerweile als Shopexpertin bezeichnen. 
Zugleich sind wir aber auch alle Generalisten und interessieren uns für alle neuen Herausforderungen.
Inzwischen haben wir recht gut gelernt unsere Unterschiedlichkeiten als Stärke zu nützen: so haben wir büroorganisatorisch einen eigenen Entwurfs-Jour fixe installiert, wo jeder seine Blickweise auch zu jenen Projekten einbringen kann, in die er nicht involviert ist – diese Synergie wirkt sich positiv auf die Qualität der Projekte aus und macht uns großen Spaß


Qualitative Architektur kann man ausschließlich zusammen mit dem Bauherrn machen. Der Bauherr muss der Erste sein, der qualitative Architektur fordert.

Eines eurer Aktivitätsgebiete ist der Hotelneu und -umbau. Welche Ähnlichkeiten gibt es zwischen Shops und Hotels?
EB: Shops und Hotels funktionieren dann gut, wenn sie besondere Merkmale oder eine besondere Positionierung haben. Bei den Hotels gibt es Mainstream-Hotels und Hotelketten, bei denen man die Marke sofort erkennen muss, oder eben andere, die sich davon abheben wollen. Das funktioniert bei den Shops ganz ähnlich. Zusätzlich sind die Halbwertszeiten bei beiden nicht unähnlich.
DW: Aber die Gestaltung und Architektur ist eben nur die eine Komponente eines erfolgreichen Shops, oder Hotels, die andere ist das Service, das Umfeld etc. Dasselbe gilt auch für eine Ausstellung: wenn das inhaltliche Konzept nicht passt, dann kann die architektonische Gestaltung auch nicht helfen.

Salopp formuliert würde ich sagen, dass es zwischen dem Design einer Ausstellung und eines Geschäftes keinen Unterschied gibt. So erhebt ihr den Schuh zum Beispiel zum Kunstobjekt. Stimmt die Beobachtung?
EB: Es gibt natürlich viele Entsprechungen, wie zum Beispiel, dass man den Ausstellungsbesucher, genauso wie den Kunden in eine Stimmung bringen muss, in der er aufnahmefähig ist.
Ein großer Unterschied zwischen Shop und Ausstellung ist, dass man beim Shop noch viel stärker das Unternehmen und die Marke mitpräsentiert.
DW: Es gibt viele Ideen für die Ausstellungsgestaltung, die aus der Shopwelt kommen, also wie man was richtig präsentiert, um einen spezifischen Effekt zu erzielen. Genauso gibt es umgekehrt den Einfluss der szenatorischen Ausstellungsgestaltung auf eine Shopgestaltung. Beim Manner Shop haben wir zum Beispiel  kleinen Bildschirme in die Verkaufsregale eingestreut um die Inhalte zu transportieren.

Welche sind die Schlüsselelemente, damit eine Ausstellung zum Erfolg wird?
EB: Wenn man nach dem Erfolg einer Ausstellung fragt, muss man nach dem Ziel der Ausstellung fragen und das Ziel einer Ausstellung ist immer einen Inhalt zu vermitteln. Das ist der grosse Unterschied zwischen einem Shop und einer Ausstellung: Bei einem Shop geht es um ein Produkt und bei der Ausstellung geht es um einen Inhalt. Es geht nicht primär darum, ob die Architektur schön ist, sondern ob die Qualität der Vermittlung gut ist. Ist sie das, dann ist auch die Ausstellung ein Erfolg.
DW: Die Architektur kann der Ausstellung durchaus eine eigene Identität verleihen, sodass sie etwas Spezielles wird und in der Erinnerung der Besucher bleibt.

Welche Rolle spielt der Architekt bei einer Ausstellungsgestaltung?
MK: Für die Gestaltung einer guten Ausstellung muss ähnlich wie beim Film oder bei der Theaterproduktion das Team perfekt zusammenarbeiten. Essenziell ist, dass jeder der Beteiligten, Kurator, Grafiker, Gestalter,.. über die Grenzen seines Fachbereichs hinausdenkt. Wenn das jeder im Team tut, dann kommt es zu einem Kraftschluss, der mit zu einer guten und erfolgreichen Ausstellung führt. Das ist das Rezept.
Besondere Freude macht uns, wenn wir nicht nur die Rolle des Gestalters einnehmen, sondern die Erzählung mit beeinflussen können – hier sehen wir unsere Spezialkompetenz – die Freude an den inhaltlichen Themen und wie man sie kommunizierbar macht.

Gibt es da Unterschiede zwischen temporären und Fixausstellungen?
MK: Ja auf jeden Fall. Die Anforderungen an die physische, optische und geistige Abnützbarkeit ist bei Dauerausstellungen natürlich anders als bei temporären. Wir konnten zum Beispiel für die Schausammlung des Landesmuseums in Salzburg oder das Archäologiemuseum in Eggenberg, Vitrinen entwickeln, die an die Grenzen der Glas-Materialtechnologie gehen.
Bei einer temprären Ausstellung, die vielleicht nur drei Monate dauert, kann man dafür wieder dramaturgisch anders arbeiten, andere Materialien verwenden und mitunter plakativere Darstellungen wählen.

Ihr habt auch Messestände entworfen, ebenfalls temporäre Einrichtungen.
MK: Das spannende an temporären Ausstellungen oder Messeständen ist, dass man ungewöhnliche architektonische und materielle Lösungen anbieten kann. Das ist bei vielen anderen Projekten nicht möglich.

Ist es da aber nicht unbefriedigend, wenn solche Installationen wieder verschwinden?
MK: Nein, das ist schon gut so. Ähnlich wie beim Bauen eines Arbeitsmodells ist es bei temporären Installationen möglich, viele Dinge auszuprobieren. Eben weil man freier agieren kann.
EB: Wenn man Shoparchitektur macht muss man sich damit abfinden, dass sie so wie sie kommt auch wieder verschwindet.
DW: Es erlaubt einem Freiheiten, die man beim Hochbau, der ja grundsätzlich auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist, nicht hat.


Wir wollen nicht unsere Handschrift platzieren und uns als Architekten in den Vordergrund stellen.

In eurem Desigstatment sagt ihr, dass Architektur für euch keine formale oder Stylfrage ist, sondern vielmehr eine Frage des Entwurfsprozesses. Wie soll man das genau verstehen?
EB: Wir wollen nicht unsere Handschrift platzieren und uns als Architekten in den Vordergrund stellen. Uns ist es wichtig, dass die Unterschiede und die Veränderungen zwischen den Projekten durch den Prozess entstehen. Der Prozess inkludiert die Auseinandersetzung mit dem Ort, mit dem Bauherrn, mit den Benützern, mit behördlichen Vorschriften, etc. Im Prozess haben wir natürlich unsere Handschrift drinnen.

Wie wichtig ist es für euch, sich mit dem Nutzer zu identifizieren?
DW: Beim Interiordesign sind wir natürlich viel näher am Nutzer dran und haben deshalb viel intensivere Auseinandersetzungen mit seinen konkreten Vorstellungen und Wünschen. Es ist eine Schulter-an-Schulter Entwicklung.
MK: Qualitative Architektur kann man ausschließlich zusammen mit dem Bauherrn machen. Der Bauherr muss der erste sein, der qualitative Architektur fordert.

Hat der Architekt eurer Meinung nach eine gesellschaftliche Verantwortung?
EB: Die intensive Auseinandersetzung mit dem Benutzer und dem Ort ist nach unserer Auffassung eine moralische Verantwortung des Architekten.
MK: Gerade wenn es ums kostengünstige Bauen geht. Im Wohnbau muss man sich klar überlegen, wie man diese Spanne zwischen dem, was sich eine Familie leisten kann und welche Grundbedürfnisse sie hat, verbindet. Da unter dem wirtschaftlichen Druck und in dem geringen Spielraum die optimale Lösung zu finden sehen wir als unsere soziale Verantwortung, sowohl nach Innen, also gegenüber den Bewohner, als auch nach außen, also gegenüber den Bewohnern in der Umgebung.

Das Geheimniss eures Erfolges?
EB: Unsere Begeisterungsfähigkeit für unterschiedlichste Aufgaben. Diese Begeisterungsfähigkeit ist entscheidend, damit man sich mit einem Projekt identifizieren kann. Eine andere Komponente, die aber mit unserer Begeisterungsfähigkeit zu tun hat ist, dass wir sehr sorgfältig an die Aufgaben herangehen und unsere Bauherrn auch mit großer Sorgfalt betreuen.
DW: Dass wir zu viert sind, erlaubt uns eine große Bandbreite von Aufgaben zu verfolgen, sodass wir Synergien gut nützen können. Und wir haben mit den Jahren ein motiviertes und kompetentes Team versammelt, mit dem wir auch gute und verlässliche Arbeit garantieren können.

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