FORUM – SKIN 10/2016 – Hipark Hotel Residence, Paris/FR
Die turmartige Nordfassade mit ihrem scheinbar zufälligen Raster aus Grün-, Blau-, Grau- und Weißtönen scheint sich förmlich an den Straßenverlauf des Boulevard Périphérique zu schmiegen © Luc Boegly |
Schnittiger Equilibrist
METALLFASSADE
Schwarz macht schlank, heißt es. Horizontale Linien
betonen die Breite, vertikale Linie die Höhe. Lässt man die Horizontalen Linien
aber in unterschiedlichen Farben zur oberen Gebäudekante hin immer heller
werden, gelingt es, einem Baukörper – wie jenem des Hipark Hotels aus der Feder
der Pariser Architektin Manuelle Gautrand – dessen Mitte etwas aus der Form
geraten schein, eine durchaus dynamische Erscheinung zu verleihen.
Text Michael Koller
Eingeklemmt
zwischen dem Boulevard Périphérique – von dem es nur durch die Lärmschutzwand
getrennt wird – und der mit mächtigen Platanen gesäumten neuen Straßenbahntrasse
entlang des Boulevard d‘Indochine, wirkt die Hotelfassade wie ein Spiegelbild
der sie umgebenden Geschwindigkeit und Bewegung. Der Eindruck der Bewegung wird
durch den Einschnitt des Baukörpers am Übergang von Hotel zum benachbarten
Studentenheim und seine schlanke Taille verstärkt. Die geneigten Fassaden lösen
das Gebäude aus der Banalität der Bauaufgabe. Durch die schmale und hohe
nördliche Stirnseite mit Haupteingang und das Verhältnis zwischen Höhe und
Breite der langgestreckten Parzelle erhält der 10-geschoßige Bau einen
turmhaften Charakter.
Manuelle Gautrand entwickelte das Gebäudevolumen aus einer Vielzahl von Randbedingungen: so war zwischen Gebäude und Lärmschutzwand eine Zufahrtsstraße für Instandhaltungszwecke einzurichten. Sie dient gleichzeitig als Ausfahrt der Tiefgarage, die den gesamten Komplex unterkellert. Sie ist auch Feuerwehrzufahrt zu den Nachbargebäuden. In der Planungsphase wurde der Bau zunehmend zugunsten der Nachbargebäude verkürzt. Um die verlorengegangenen Flächen für die Hotelzimmer zurückzugewinnen, beschloss man das Gebäude in der Mitte ausladender zu gestalten.
Die Panoramafenster der Hotelsuiten in den beiden obersten Geschoßen erlauben einen ungewohnt guten Blick auf den Périphérique © Luc Boegly |
Manuelle Gautrand entwickelte das Gebäudevolumen aus einer Vielzahl von Randbedingungen: so war zwischen Gebäude und Lärmschutzwand eine Zufahrtsstraße für Instandhaltungszwecke einzurichten. Sie dient gleichzeitig als Ausfahrt der Tiefgarage, die den gesamten Komplex unterkellert. Sie ist auch Feuerwehrzufahrt zu den Nachbargebäuden. In der Planungsphase wurde der Bau zunehmend zugunsten der Nachbargebäude verkürzt. Um die verlorengegangenen Flächen für die Hotelzimmer zurückzugewinnen, beschloss man das Gebäude in der Mitte ausladender zu gestalten.
Die horizontale, nach oben immer heller werdenden Linien betonen die Länge des Bauwerks © Luc Boegly |
ABSTRAHIERTE LANDSCHAFT
Die
Grüntöne der Fassade erinnern unweigerlich an das Unternehmen BNP Paribas Real
Estate, das die Hipark Hotels entwickelt und betreibt aber auch an die Grüntöne
der vorbeifahrenden Straßenbahn. Das Farbkonzept der Aluminiumfassade ist aber
viel subtiler und entstand in Anlehnung an den Baumbestand entlang des
Boulevard d’Indochine, eine üppige Bepflanzung, die in Paris selten genug zu
finden ist. Die Architektin suchte nach einem entsprechenden Landschaftsbild,
das man in einzelne Pixel auflöste. Aus dieser Abstraktion entstand ein unregelmäßiges,
nicht kontinuierliches Raster aus Grün-, Blau-, Grau- und Weißtönen. Ein
zweiter Parameter der Gestaltung war die Tatsache, dass helle Flächen aufgrund
der starken Luftverschmutzung schnell ergrauen. So bestand Gautrand auf der Verwendung
dunkler, satter Grüntöne im unteren Gebäudebereich, sowie an der Seite der
Ringautobahn. Auf Straßenniveau dominieren daher eher dunkle Töne, die nach
oben hin immer heller werden bis sie sich mit dem Graublau der Wolken
vermischen. Für einen perfekten Übergang zum weißen Nachbarbau hin werden die
Farben auch hier immer heller. Versetzt und scheinbar wie zufällig gesetzte
Farbtöne erzeugen ein diffuses, gleichzeitig aber kompaktes Gesamtbild der
Fassadenflächen.
DIE LIEBE ZUM DETAIL
Die
einbrennlackierten Aluminiumtafeln sind grundsätzlich alle gleich lang, wodurch
Fugen und Stöße horizontal wie vertikal in einer Linie durchlaufen.
Unterbrochen wird diese einheitliche Linearität nur durch die unregelmäßig
angeordneten Fenster und die Türen für die Feuerwehrzufahrt an der Fassade zum
Boulevard d’Indochine sowie durch die Gebäudeknicke. Zusätzlich zum vertikalen
Farbverlauf verändern sich die Oberflächen der Aluminiumplatten von matt im
Erdgeschoßbereich zu hochglänzend in den oberen Geschoßen. Dies erklärt sich
zum einen aus der zu erwartenden Verschmutzung und zum anderen aus dem Wunsch,
das Sonnenlicht so stark wie möglich an den Fassaden reflektieren zu lassen.
Auffallend ist, dass die Aluminiumpaneele an den diagonal verlaufenden
Gebäudeknicken fugenlos durchlaufen und ebenso wie die länglichen Fenster, die Panoramablicke
auf die Stadt ermöglichen, die Horizontalität verstärken. Mit der Wahl eines
länglichen, schmalen Plattenformats erhöht sich aber auch die Steifigkeit des
Aluminiums, womit die Architektin möglichen Verformungen bei Transport und Montage
vorbeugte. Die große Ausnahme bezüglich der Fenster bilden die großzügigen Öffnungen in den beiden obersten Etagen,
wo ursprünglich das Restaurant mit Fernblick auf die Stadt
vorgesehen war und hinter denen sich heute Hotelsuiten befinden.
Um ein schnelles Ergrauen der Fassade aufgrund der starken Luftverschmutzung zu verhindern, verwendete Manuelle Gautrand entlang der Ringautobahn dunkle, satte Grüntöne © Luc Boegly |
Als
Sonnenschutz und zur Raumverdunkelung dienen innenliegende Vorhänge.
Außenliegende Jalousien waren aufgrund der
Fassadenausrichtung sowie aufgrund der relativ kleinen Fensterformate nicht
notwendig. Die Dreischeiben-Fixverglasung an der Ostseite blendet jeglichen
Autolärm aus, während die Fenster mit Zweischeiben-Isolierverglasung zum
Boulevard kippbar sind. Durch perfekt gefertigte Anschlüsse verschwinden die
breiten Fensterrahmen geschickt hinter den Metallpaneelen.
Es
überrascht, wie es Manuelle Gautrand gelungen ist, aus dem sonst eher banalen
gestalterischen Programm einer Hotelkette ein formal interessantes Gebäude zu
machen. Wie bei anderen ihrer Projekte versuchte sie auch hier durch die Schichtung
der Fassade unsere Wahrnehmung zu täuschen, was an der schmalen und exponierten
Stirnseite besonders gut zu erkennen ist.
Hipark Hotel Residence, Paris la Villette, F
Bauherr: BNP Paribas Immobilier, Paris/F (www.realestate.bnpparibas.fr)
Architektur: Manuelle
Gautrand Architecture: Manuelle Gautrand, Cécile Ortolo, Paris/F (www.manuelle-gautrand.com)
Innenarchitektur: Didier Gomez Interior Design, Paris/F (www.didiergomez.com)
Tragwerksplanung: SYNA4
Fassadenplanung: VP & Green, Paris/F (www.vpgreen.fr)
Bauaufgabe: 4*
Touristenresidenz mit 125 Studios,Lobby, Restaurant, Fitnessbereich
Gesamtfläche: 5.500
m2
Wettbewerb: 2009
Baubeginn: Anfang
2014
Fertigstellung: März 2016
Baukosten: 9,5
Mio. netto
Hersteller Aluminiumfassade: Alu Design, Le Plessis Trévise/F (www.aludesign.ro)
Hersteller Glasbauelemente: Saint-Gobain, Courbevoie/F (www.saint-gobin-glass.com)
Architektur & BauFORUM
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