DBZ - HOTEL SPEZIAL 11/2015 – The Hoxton, Amsterdam/NL
Der Gast soll sich wie in einem holländischen Wohnzimmer fühlen, eine Vielzahl unterschiedlicher Sitzgelegenheiten lädt zum Verweilen ein. |
ZEITREISE
Betritt man das im Juli neu eröffnete Hotel The Hoxton an der Herengracht in Amsterdam, begibt man sich im Grunde auf eine Zeitreise. Im Restaurant- und Barbereich, der leicht unter dem Straßenniveau liegt, wird der Gast von einer entspannenden Atmosphäre mit samtenen und ledernen Möbeln in dunklen, warmen Farben empfangen, die an die 1970er Jahre erinnern. Die vom Londoner Designerbüro Soho House entworfene Atmosphäre dieser Gemeinschaftsbereiche findet seine Entsprechung auch im Rest des Hotels: Zimmer, Gänge und selbst der Lift wurden vom jungen Amsterdamer Innenarchitektenbüro Nicemakers entworfen.
TEXT MICHAEL KOLLER
FOTOS ALAN JENSON
FOTOS ALAN JENSON
Im Herzen der Stadt
The Hoxton liegt im Herzen der Amsterdamer Altstadt, in einem Ensemble von Grachtenhäusern zwischen der Herengracht und dem Singel: an der Herengracht ist es ein denkmalgeschütztes, herrschaftliches und fünfgeschossiges Gebäude, am Singel sind es hingegen vier schmale, vier- bis fünfstöckige Gebäude. Drei davon stehen unter Bundesdenkmalschutz, das vierte ist ein Neubau aus den 1970er Jahren.
Bevor Sharan Pasricha, Bauherr und Geschäftsführer von Ennismore Capital, das die The Hoxton Hotels betreibt, das Gebäudeensemble an der prominenten Adresse kaufte, war in dem Gebäudekomplex ein Hotel – das Rembrandt Classic Hotel – untergebracht.
Die Herengrachtfassade des "The Hoxton" in der Amsterdamer Altstadt. |
Ray Kentie:
„Schon während unserer ersten Besichtigung des
ehemaligen Rembrandt Classic Hotels wurde uns klar, dass der Schlüssel einer
gekonnten Transformation im Umbau und der Umgestaltung des dunklen und
niedrigen Untergeschosses lag. Um daraus einladende und helle
Räumlichkeiten zu machen haben wir versucht durch das Glasdach im Innenhof der
Herengracht, die doppelgeschossige Glaswand zwischen der Eingangstreppe und dem
Restaurant und durch die Deckendurchbrüche zwischen dem Erdgeschoss und dem
Mezzanin so viel Licht wie möglich ins Innere zu holen.“
Die Rezeption befindet sich im Untergeschoss in einer Ecke des Restaurants. |
Generalsanierung
Auf
der Suche nach einem Architekturbüro, mit einschlägiger Erfahrung in der
Restaurierung, Renovierung und dem Umbau von denkmalgeschützten Häusern stieß der
Auftraggeber auf Kentie en Partners Architekten, die sich durch den Umbau
bedeutender historischer Gebäude in den Niederlanden eine umfangreiche
Expertise erarbeitet haben.
Nach
der Bestandsaufnahme wurden die fünf Bauwerke bis auf die Fassaden und konstruktiven
Decken ausgehöhlt. Teile der infrastrukturellen Einrichtungen wie die
Liftschächte und das verglaste Haupttreppenhaus sowie die Nebentreppenhäuser konnten
nach den Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten wiederverwendet werden.
Außerdem wurden die Backstein- und Putzfassaden saniert und erneuert, so wie
die Holzrahmenfenster restauriert und die alten Verglasungen durch neue,
thermisch hochwertigere ersetzt.
Kentie
en Partners Architekten waren nicht nur für die Instandsetzung der Bausubstanzen
verantwortlich, sondern entwarfen auch die Grundrisse aller Geschosse, wobei
der Raumordnungsplan der Stadt Amsterdam das Anlegen jeglicher weiteren
Durchbrüche und Verbindungen zwischen den bestehenden Gebäuden verbot. Die
Abstimmung der Raumeinteilungen und der notwendigen funktionellen,
denkmalschützerischen und sicherheitstechnischen Randbedingungen erfolgte mit
Nicemakers, einem jungen Amsterdamer Innenarchitekturbüro, das für den Entwurf
und die Gestaltung aller Hotelzimmer und
Gänge beauftragt wurden. Die Gestaltung der Gemeinschaftsbereiche wie dem
Restaurant, der Bar, sowie den Sitzungsräumen im Untergeschoss der Herengracht hingegen
oblag dem Londoner Designerbüro Soho House, die die Ess- und Loungebereiche schon
The Hoxton in London entwarfen.
Die Innenhöfe, die im Zuge des Umbaus entstanden, bringen viel Tageslicht in das Zentrum des Komplexes, der sich aus mehreren Häusern zusammensetzt. |
Wohnzimmeratmosphäre
im Untergeschoss
Die
entscheidendsten Eingriffe in der Substanz der Gebäude wurden im Bereich des Untergeschosses
und dem Hotelzugang vorgenommen: aus
dem dunklen und niedrigen Untergeschoss wurden durch ein neues, großes Glasdach
in den Innenhof des Herengrachtgebäudes ein lichtdurchfluteter Restaurant- und
Barbereich. Die in den 1970er Jahren neu eingezogenen Betondecken an der
Herengracht wurden im Erdgeschoss stellenweise aufgerissen um doppelgeschossige
Lufträume und damit spannende Blickbeziehungen vom Loungebereich auf dem Mezzanine
zum Essensbereich im Untergeschoss zu schaffen. Auch der Hof zwischen den
beiden Grachtenseiten wurde völlig neu eingerichtet. Ein altes Gebäckdepot
wurde abgerissen und durch einen glasüberdachten Wintergarten ersetzt, in dem
eine Küche und ein Barbereich für Empfänge und Veranstaltungen eingerichtet
wurden. Die zweite Hälfte des Hofes musste aus Raumordnungsgründen unbebaut
bleiben. Von hier aus erfolgt der Zugang zu den fünf Sitzungszimmern, die auch
für Banketts eingerichtet werden können. Die Rezeption des Hotels ist subtil in
einer Ecke des Restaurants im Untergeschoss untergebracht.
Der Raumordnungsplan Amsterdams verbot das Anlegen jeglicher weiteren Durchbrüche und Verbindungen zwischen den bestehenden Gebäuden. |
Häuslich
Die
insgesamt 111 Hotelzimmer sind unterschiedlich gestaltet. Die einzige Vorgabe
des Bauherrn bestand darin, für Amsterdam typische Räume zu entwerfen, die den
Gast – egal ob Geschäftsmann oder Familie – an eine häusliche
Wohnzimmeratmosphäre erinnern sollen. Sharan Pasricha will The Hoxton nicht als
eine Hotelkette im herkömmlichen Sinn sehen, sondern vielmehr als eine
Kollektion von Hotels, die sich in erster Linie durch ein für das Land und die
Stadt typisches Innenraumdesign auszeichnen, weshalb der Bauherr immer mit
lokalen Architekten und Designern zusammen arbeitet. Sowohl Kentie en Partners
Architekten, als auch Nicemakers hatten in der Material- und Farbwahl, als auch
in der Organisation der Räumlichkeiten freie Hand.
Die Gästezimmer sind sehr unterschiedlich gestaltet. |
Alle der mindestens 17m2
großen Hotelzimmer besitzen mit cremeweißen und schwarzen Fliesen ausgelegte
Badezimmer mit freistehenden Waschbecken und Duschen. Farblich differenzierten
Nicemakers die Zimmer der Singelhäuser – in Blautönen gekleidet – von denen des
Herengrachtenhauses – in Grüntönen gehalten. Jedes Zimmer besitzt ein
Möbelensemble bestehend aus einem Schreibtisch mit einer Kleiderstange und
diversen kleinen Schränken. Je nach dem zur Verfügung stehenden Platz wurden
dieses Tisch-Garderoben Möbel als ein zusammengefügtes Objekt installiert, oder
separat aufgestellt und durch Beistelltische oder Kommoden ergänzt.
Farblich differenzierten Nicemakers die Zimmer der Singelhäuser von denen des Herengrachtenhauses. |
Die Zimmer
an der Singelseite konnten sogar größtenteils mit Wandvertäfelungen versehen
werden, was den Räumen eine große Gediegenheit und Eleganz verleiht. Während
die Hotelzimmer in den hohen Erdgeschossen mit ihrem goldartigen Dekor wahren
fürstlichen Prunkschlafräumen ähneln, erinnern manche der Zimmer der
Dachgeschosse heimeligen, ländlichen Dienstzimmern.
Während die Zimmer im Erdgeschoss auf der Singelseite zum Teil sehr herrschaftlich ausgestattet sind, gibt es auch Zimmer unter dem Dach, die eher wie Dienstzimmer erscheinen. |
Die
Flure der Etagen wurden in fast allen Geschossen mit schwarz-weißen Teppichen
ausgelegt und auch die Zimmertüren sind in ein dunkles Schwarz-braun getaucht.
Um die Wände zu differenzieren wurden sie bis zu einer Höhe von etwa 100cm in
dunklen, satten Farbtönen gestrichen.
PROJEKTDATEN
Objekt: The Hoxton
Standort: Herengracht 255,
Amsterdam/NL
Bauherr: Ennismore Capital
Architekt: Kentie en Partners
Architekten BV, Ray Kentie & Marlies de Boer, Halfweg/NL
Innenarchitekt Restaurant/Bar: Soho
House, London/GB
Innenarchitekt Zimmer/Gänge: Nicemakers, Amsterdam/NL
Elektrotechnik: Ingenieursbureau
Linssen, Amsterdam/NL
Bauphysik, Brandschutz, Akustik: LBP Sight, Nieuwengein/NL
Eröffnung: Juli 2015
Nutzfläche: 5500 m²
Anzahl der Zimmer: 111
Preise: ab 179 €
Besonderheiten: Im Hotel finden zahlreiche Veranstaltungen statt, die über Internet angekündigt werden und Gäste zu Yoga, Musik oder Afternoon Workouts einladen.